Lupus - Ratgeber
Patientenratgeber von Dorothea Maxin

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Mein Lupus erythematodes Tagebuch, 2. Auflage Mein Lupus erythematodes Tagebuch
Zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage
1.12.2003
320 Seiten, DIN A 5
ISBN 3-9806110-0-0
- vergriffen -


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Inhaltsverzeichnis    Einleitung    Danksagung    Nachwort zur zweiten Auflage   


Nachwort zur zweiten Auflage

Dieses Buch ist "live". Es berichtet über die aktuelle Diagnostik und Therapie des Lupus erythematodes und spiegelt meine Erlebnisse und die vieler anderer Betroffener im deutschen Gesundheitswesen wider. Meine Zielsetzung ist dabei, medizinische Theorie mit der Lebenswirklichkeit des erkrankten Menschen zu verknüpfen.

Seit Erscheinen der ersten Auflage ist eine Lawine von Telefonanrufen, E-Mail-Anfragen und Briefen von Betroffenen über mich hinweggerollt. Viele berichteten in großer Offenheit von ihrer Krankengeschichte, andere gaben Anregungen und Hinweise für weitere Veröffentlichungen. Darüber habe ich mich sehr gefreut, manchmal wurde es mir aber auch zu viel. Dennoch habe ich versucht, alle Zuschriften zu beantworten. Sicherlich konnte ich nicht immer jedem gerecht werden. Dafür bitte ich um Verständnis.

Sehr gefreut hat mich, dass dieses Buch auch unter den Ärzten auf ein positives Echo gestoßen ist (z. B. [204, 219]). Der Chefarzt einer Klinik für Innere Medizin schrieb mir: "Ich habe in den letzten Jahren kein medizinisches Buch gelesen, das mir so viele neue Erkenntnisse vermittelt hat. Neben einer außerordentlich präzisen und durch Ihre persönliche Erfahrung besonders wertvollen Beschreibung des Krankheitsbilds enthält das Werk zahlreiche Passagen, von denen praktisch tätige Ärzte erheblich profitieren. Ich denke hier einmal an die individuellen Komponenten in der Symptomatik der Erkrankung sowie im Ansprechen auf bestimmte Behandlungsverfahren, aber auch an den wichtigen Teil, der sich mit der Arzt-Patienten-Beziehung befasst. Es würde mich sehr freuen, wenn dieses großartige Buch von vielen Patienten/Patientinnen und Ärzten/Ärztinnen gelesen würde."

Es meldete sich aber auch eine andere Stimme. Tatsächlich war es die einzige in Teilen negative Rückmeldung aus der Ärzteschaft. Ein leitender Arzt einer Rheumaklinik hatte das Buch, wie er mir in einem detaillierten siebenseitigen Brief schilderte, im Lauf mehrerer Monate immer wieder zur Hand genommen, missbilligte aber viele, seiner Auffassung nach ungerechtfertigte Aspekte. Als falsch empfand er beispielsweise meine Forderung nach Einbeziehung der Lebensqualität bei der Beurteilung des Schweregrads einer Erkrankung und meine Ausführungen über mögliche unbewusste aggressive Tendenzen in der Persönlichkeit des Arztes dem Patienten gegenüber. Er war zudem der Ansicht, dass die Einbeziehung meiner persönlichen Erfahrungen die Leserinnen und Leser verwirre und kritisierte auch den Bezug auf die verwendeten medizinkritischen Autoren und Literaturstellen. Einige Punkte beurteilte er positiv, zum Beispiel den Hinweis auf die schwierigen Arbeitsbedingungen vieler Ärzte, die Ablehnung des Primärarztsystems und die Forderung nach regelmäßigen Prüfungen zur Verlängerung der Approbation.

Ehrlich gesagt hatte ich eine viel heftigere Kritik aus dieser Richtung erwartet, und ich bin froh, dass mich diese Rückmeldung erreicht hat. Sie war Anlass für mich, noch einmal über Liebe und Aggression im Patient-Arzt-Verhältnis nachzudenken (verstanden als die beiden Pole einer tragfähigen Bindung) und meine Überlegungen mit einigen befreundeten Psychologinnen und Ärzten zu besprechen.

Gut verstehen kann ich, dass einige Abschnitte in meinem Buch für manche Ärzte ein schwerer Brocken sind. Auch die "Schattenseite" im therapeutischen Handeln wird angesprochen, und vielleicht werden besonders diejenigen Mediziner, die ein eher klassisches, hierarchisches Verhältnis zu den Patienten pflegen, mit Aspekten im Verhältnis zwischen Patient und Arzt konfrontiert, die sie bisher so nicht wahrgenommen haben. Sicherlich wird eine (scheinbare) Harmonie in Frage gestellt. Möglicherweise erscheint mein Bericht auch manchen Ärzten, die sich bisher sehr für ihre Patienten engagiert haben (oder dies meinen), schlichtweg unglaubwürdig.

Lupus ist jedoch kein Pappenstiel und wir Patienten sollten nicht zu sehr in der leidenden, passiven Rolle verharren. Man sollte auch nicht die Grenzen zwischen "Opfern" (Patienten) und "Tätern" (Ärzten) verwischen, wenn es um die geschilderten Probleme im Gesundheitswesen geht. Eine gewisse Empörung und gesunde Skepsis kann durchaus angemessen und weiterführend sein. Ich bin auch nicht der Auffassung, dass ein Patientenratgeber durch persönliche, subjektive Erlebnisse entwertet wird, im Gegenteil. Gerade durch die Auseinandersetzung mit individuellen Erfahrungen gewinnt eine Schilderung an Authentizität. Mein Bericht ist keine Erfindung, er ist wahr (im Sinne von "wahrhaftig").

Ein Teil von uns Lupus-Betroffenen kann mit einer guten Behandlung ein normales Leben führen. Ein anderer Teil erleidet durch die Krankheit jedoch eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität und wird mitunter vor existentielle Probleme gestellt. Zudem wird die Krankheitsbewältigung aufgrund von Schwierigkeiten bei der medizinischen Versorgung oftmals unnötig erschwert. Damit meine ich besonders den mangelnden Informationsgrad über Kollagenosen bei den praktizierenden Ärzten, den veralteten Kenntnisstand vieler Mediziner, die Fixierung auf die schubweisen Verlaufsformen, die Unterschätzung der chronisch-schleichenden Verläufe, die "abwartende Haltung", die häufig zu einer Untertherapie führt, die Schwierigkeiten bei der frühzeitigen Diagnostik von Organbeteiligungen und die schnellen Überpsychologisierungen, zu denen manche Ärzte neigen, wenn sie "organisch nichts finden". Das lässt viele Lupus-Betroffene immer wieder verzweifeln. Hier sind Lebensschicksale betroffen. Ein Anliegen dieses Buches ist es, Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für diese Probleme aufzuzeigen und ich hoffe, dass es gerade unter den Medizinstudenten und Ärzten noch viele Leser findet. Eine mutige und kritische Haltung kann dazu beitragen, dass wir alle, Patienten und Ärzte, nicht zu Opfern im Gesundheitswesen werden.

In unserer hochtechnisierten Gesellschaft haben wir heute eine sehr große Erwartungs-haltung an die Medizin. Wer eine rheumatische Erkrankung bekommt, wird jedoch schnell bitter enttäuscht sein. Für die meisten Formen des Rheumas und auch den Lupus gibt es keine wirklich effektiven Behandlungsmethoden, mit denen wir wieder gesund werden können. Meist entsteht ein mehr oder weniger (lebens )langes Leiden. Der Grund ist, dass Rheuma und Autoimmunkrankheiten allgemein eine Außenseiterrolle in der Medizin ein-nehmen. Ich wünsche mir, dass sich die Rheumatologie allmählich aus ihrem Schattendasein befreit und Schwung in die Forschung auf dem Gebiet der Kollagenosen kommt. Daraus sollten sich konkrete Verbesserungen unserer gesundheitlichen Situation ergeben.

Was gibt es Neues? Neue Behandlungsmethoden für Lupus erythematodes sind in den vergangenen zwei Jahren nicht entwickelt worden. Bei den Antimalariamitteln setzt sich offenbar jetzt auch in Deutschland Quensyl® gegenüber dem Resochin® durch. Cellcept® scheint zunehmend anstelle von Endoxan® bei Nierenbeteiligung angewandt zu werden.

Seit Veröffentlichung der ersten Auflage habe ich eine Vielzahl wohlmeinender Ratschläge von Anhängern der verschiedensten alternativen Therapieverfahren erhalten, die mir helfen wollten, meine Krankheit zu kurieren: Holzschutzmittelgeschädigte, Amalgamapostel, Bionik- und Kinesiologie-Anhänger, Candida-Verfechter, Säure-Basen-Theoretiker und viele andere mehr. Als Lupus-Betroffene muss man sich unnötigerweise auch noch gegenüber gut gemeinten Tipps der Alternativmedizin abgrenzen - meiner Ansicht nach ein Hinweis auf den geringen Bekanntheitsgrad der Erkrankung in der Bevölkerung. Wäre jedem klar, dass Auto-immunkrankheiten nichts "Esoterisches" sind und mit der Psyche so viel zu tun haben wie andere Krankheiten auch, würden sich wahrscheinlich nicht so viele Alternativapostel melden. In der ersten Auflage hatte ich aus Gründen der Sparsamkeit den Text ziemlich eng ge-setzt und auf Abbildungen und Tabellen verzichtet. Es war der erste LE-Ratgeber nach sieben Jahren "Sendepause" auf dem deutschen Büchermarkt, und ich war mir nicht sicher, ob es in Deutschland für Lupus-Literatur einen Bedarf gibt. Es hätte ja sein können, dass die Zielgruppe einfach zu klein ist. Diese Auflage ist ein im wesentlichen unveränderter, aktualisierter Nachdruck mit einem erweiterten Anhang. Hinzugekommen sind unter anderem eine Patientenverfügung, ein kleiner medizinischer Sprachführer und einige theoretische Über-legungen zu den Lupus-Subtypen. Bald zwei Jahre war dieser Ratgeber vergriffen, weil ich noch mehr schreiben wollte, mich aber zeitweilig nicht gut konzentrieren konnte.

Dieses Buch ist eine Aufforderung, als Patientin oder Patient mündig zu werden, sich nicht zu sehr auf Ärzte zu verlassen, sondern auch auf die eigene Urteilskraft, den eigenen Körper und seine Signale. "Gesundheit findet im Alltag statt, nicht im medizinischen System" (120). Körpererfahrungen sind mindestens ebenso wichtig wie Arztberichte und Laborbefunde, denn sie sind das Leben. In zwanzig Jahren wird sich für die Irrtümer der Medizin von heute kaum noch jemand interessieren. Was zählt, ist Wiedergesundwerden und Gesundbleiben.

Allen Lupus-Betroffenen wünsche ich die Kraft, die Geduld, den Optimismus und die Lebensfreude, die Auseinandersetzung mit der Erkrankung aufzunehmen und sich dabei möglichst nicht unterkriegen zu lassen.

Dorothea Maxin, Darmstadt, im September 2003


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