Lupus - Ratgeber
Patientenratgeber von Dorothea MaxinStartseite
![]()
![]()
![]()
Ratgeber Medikamentenliste Autoimmunheft Lexikon Befundhefte Buchbesprechungen Lesungen/Vorträge Leserzuschriften Mein Leben![]()
Ziele![]()
Bestellung/Impressum Neuigkeiten
Inhaltsverzeichnis Vorwort zur dritten Auflage
Vorwort zur dritten Auflage
Da die Überarbeitung meines Patientenratgebers "Mein Lupus erythematodes Tagebuch" für eine dritte Auflage zu umfangreich geworden ist, werden die erweiterten und völlig neu strukturierten Teile nun als Reihe veröffentlicht. Besonders der jetzt vorliegende Teil über die Zusammenarbeit mit dem Arzt und den Umgang mit den Medikamenten liegt mir besonders am Herzen. Hier scheint mir nach wie vor ein Schwerpunkt der Probleme bei der medizinischen Versorgung von Lupus-Betroffenen zu sein. Auch heute noch lassen sich viele Krankheitserscheinungen bei Lupus nicht "objektivieren". Die Lupus-Patientin und ihr Arzt stehen ratlos vor Phänomenen, die sie nicht einordnen können und bei denen Arzneimittel noch nicht ausreichend wirken.
Die Lupus-Therapie befindet sich gegenwärtig in einer schwierigen Phase. Neue, moderne Medikamente gibt es für den Lupus mit Ausnahme von Belimumab noch nicht. Dieser monoklonale Antikörper ist ein relativ schwaches Mittel und nur für eine kleine Teilgruppe von Betroffenen mit positiven ds-DNS-Antikörpern ohne schwere Nieren- und ZNS-Beteiligung zugelassen. Immerhin ist dieses Medikament jedoch weltweit der erste speziell für den Lupus erythematodes entwickelte Wirkstoff! Von der großen Welle neuer Rheumamedikamente profitieren wir Lupus-Betroffenen noch nicht. Alle übrigen zugelassenen Medikamente stammen aus den 1950er und 1960er Jahren: die Kortikosteroide (Prednison, Prednisolon), die Antimalariamittel (Quensyl®, Resochin®), das einzige für Lupus zugelassene Immunsuppressivum Azathioprin und das bei systemischem Lupus nach wie vor wirkungsvollste Medikament Cyclophosphamid (Endoxan®). Für alle anderen neuen Präparate im Autoimmunbereich müssen wir Lupus-Patienten bei den Krankenkassen individuelle Anträge auf Kostenübernahme im Off-Label-Verfahren stellen. Das betrifft das gut wirksame, aber im Vergleich zu Cyclophosphamid nebenwirkungsärmere Mycophenolatmofetil (CellCept®) und das so phänomenal gegen morgendliche Abgeschlagenheit und Gelenkbeschwerden wirkende Lodotra® (Prednison mit verzögerter Wirkstofffreisetzung). Vor kurzem entstand sogar die paradoxe Situation, dass dem jahrzehntelang bewährten Cyclophosphamid die Zulassung für ZNS-Lupus entzogen wurde, ohne dass ein Ersatz zur Verfügung steht. Auch diese Betroffenen müssen jetzt Off-Label-Anträge stellen.
Die Pharmaindustrie scheint sich aus der medizinischen Versorgung seltener Krankheiten immer mehr zurückzuziehen. Kostenaufwändige Zulassungsstudien lohnen sich nur für häufige Krankheitsbilder. Für die große Mehrheit der Lupus-Betroffenen gibt es seit 50 Jahren keine neuen Arzneimittel. Wie soll sich die Lupus-Therapie verbessern, wenn wir mit den immer gleichen Oldtimermedikamenten behandelt werden? Wie können wir Lupus-Betroffene unseren Ärzten und den Pharmaunternehmen vermitteln, dass wir neue wirkungsstärkere und nebenwirkungsärmere Wirkstoffe gegen den Durchschnittslupus dringend brauchen? Nach wie vor ist der Lupus erythematodes bei vielen Betroffenen mit großen Einschränkungen bei der Leistungsfähigkeit, dem Arbeitsvermögen und der Familienplanung verbunden. Uns Lupus-Patienten werden langwierige und energieraubende Off-Label-Anträge zugemutet, obgleich wir mit der Bewältigung unserer Erkrankung schon genug zu tun haben. Gerade die Lichtempfindlichkeit, die bei vielen Lupus-Betroffenen mit chronisch-aktiver Erkrankung das ganze Jahr über eine Krankheitsaktivität unterhält, sollte sinnvolle Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Medikamente bieten.
Dazu kommt der gegenwärtige Trend in der Rheumatologie, sich in übertriebener Weise an Laborwerten zu orientieren. Wohl im Zuge der "gentechnischen Revolution" in der Rheumabehandlung halten sich viele, gerade junge Rheumatologen zu stark an Blutergebnisse, die bei Lupus oft nichts hergeben. Die sorgfältige klinische körperliche Untersuchung und Anamnese wird vernachlässigt. Ja, ich würde sogar sagen: Die "Kliniker" unter den Rheumatologen sterben aus. Damit geht viel Wissen und Erfahrung verloren. Gerade beim Lupus mit seinen facettenreichen und noch immer schwer objektivierbaren Erscheinungen sollten die klinische Untersuchung und die sorgfältige Dokumentation der Beschwerden nach wie vor einen unverändert großen Stellenwert bei der Optimierung der individuellen Behandlung einnehmen.
Außerdem belasten uns die allgemeinen Probleme im Gesundheitswesen. Nach meinem Eindruck haben sich die Schwierigkeiten der Lupus-Diagnostik durch die Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich in den letzten Jahren wieder verschärft. Der Flaschenhals bei der medizinischen Versorgung von Lupus-Betroffenen, deren Erkrankung noch nicht diagnostiziert wurde, sind die Allgemeinmediziner, die an Laboruntersuchungen und Überweisungen sparen. Sind die Patienten bei den richtigen Fachärzten, den internistischen Rheumatologen, angelangt, kann die Lupus-Diagnose oft relativ leicht gestellt werden.
Dieses Buch informiert wie bisher über alle Verlaufsformen des Lupus erythematodes, die akut-schubweisen und die langsam-schleichenden Verläufe. Gerade die abwartende Haltung und Untertherapie bei den chronisch-schleichenden Verläufen führt nach wie vor für die Betroffenen zu großen Problemen mit der medizinischen Versorgung. Ziel der Lupus-Therapie sollte für alle Verlaufsformen des Lupus-Syndroms gleichermaßen die Heilung sein, und solange dies noch nicht möglich ist, Beschwerdefreiheit und eine normale Lebensqualität. Durch eine frühzeitige Diagnose und rechtzeitige Therapie muss für alle Betroffenen unnötiges Leid verhindert werden.
In die neuen SLICC-Klassifikationskriterien des systemischen Lupus haben die vielfältigen dermatologischen Erscheinungen des Lupus-Syndroms Eingang gefunden (vgl. Kapitel 1.2 "Abklärung der Diagnose"). Gibt es in der Rheumatologie eine Rückbesinnung auf die Hautaspekte des Lupus, die lange Zeit so vernachlässigt wurden? Kehrt der Lupus in die Definition des systemischen Lupus zurück? Zugrunde liegen diesem Buch wie bei den beiden Vorauflagen die Geschichten und Berichte von Lupus-Betroffenen aus der Selbsthilfegruppe und aus den vielen Telefonanrufen und Mails, die mich erreichen. Dazu kommen ein umfangreiches Studium der medizinischen Fachliteratur und eine gründliche Reflexion meiner eigenen Erfahrungen als Lupus-Patientin im deutschen Gesundheitswesen. Ich hoffe, dass daraus wieder eine Mischung entstanden ist, die vielen Betroffenen eine konkrete Hilfestellung bei der Bewältigung ihrer Erkrankung gibt. Ein herzliches Dankeschön geht wieder an meine liebe Freundin Dr. med. Judith Engel, die auch diesmal alle wesentlichen neuen Teile durchgesehen hat, an Dr. med. Wolfgang Spiegel für die Berechnung der Strahlenexposition, an Dipl.-Psych. Mechthild Heinemann für die Durchsicht einiger medizinpsychologischer Abschnitte, an die vielen Lupus-Betroffenen, die Teile des Manuskripts gegengelesen haben und an meine Mutter, die mir zum Abschnitt der "Neuen Ethik der Medizin" hilfreiche Rückmeldungen gab.
Darmstadt, im August 2012
Dorothea Maxin
Verlag für Neue Medizin - Gervinusstr. 47 - D-64287 Darmstadt - E-Mail